Ort: Gelbensande Zwischen Fischland, Darß und Zingst, der Rostocker Heide und Stralsund
Stadtbeschreibung
Gelbensande ist eine Gemeinde im Landkreis Bad Doberan in Mecklenburg-Vorpommern. Das Gemeindegebiet wird fast vollständig von der nordöstlichen Heide Mecklenburgs, einem etwa 12.000 Hektar großen Waldgebiet umschlossen. Historisch und teilweise auch heute bestimmt dieser Wald die Strukturen der Gemeinde. Holzverarbeitende Unternehmen haben hier ihren Sitz und zunehmend wird der Ort touristisch genutzt.
Name
Im Kirchenvisitationsprotokoll der Pfarre Volkenshagen aus dem Jahr 1662 wird zum ersten Mal der Heidereiter Dittrich Koep mit seiner Wohnung „auf dem gehlen sande“ aufgeführt. Dies ist die älteste Nennung des Ortes. Namengebend für den Ort war das „Haus zum gelben Sande“ (ein Forsthof), das erstmals im Zusammenhang mit dem Durchzug der königlich-dänischen Armee von Rostock nach Ribnitz erwähnt wurde. Es gehörte dem Heidereiter Hans Kühl, einem Aufseher der fürstlichen Waldungen und des Jagdhauses der Landesfürsten, denn die Wälder um Gelbensande waren bis ins 20. Jahrhundert eines der Jagdreviere des mecklenburgischen Fürstenhauses. Hans Kühl war der Nachfolger von Dittrich Koep. Noch heute wird der Standort des Gebäudes durch vier große Linden markiert.
Geschichte
Frühe Geschichte
Funde auf Gelbensander Gebiet zeugen davon, dass diese Gegend bereits in der jüngeren Steinzeit (2300 - 1800 v. Chr.) besiedelt war. So wurden verschiedene Werkzeuge wie ein Flachbeil, Feuersteine, ein Streithammer und weitere Gegenstände aus dieser Zeit gefunden. Drei Hünengräber in der Nähe von Gelbensande stammen aus der Bronzezeit (1800 - 750 v. Chr.). Während der Völkerwanderung verließen die Stämme das Gebiet um Gelbensande. Erst ab dem 7. Jahrhundert kann eine erneute Besiedlung der Gebiete nachgewiesen werden. Bis heute erhalten geblieben ist ein Turmhügel aus dem 14. Jahrhundert, östlich des Ortes.
Anfänge als Forsthof
Bereits vor den ersten schriftlichen Erwähnungen soll es auf dem Gebiet vom heutigen Gelbensande ein Landgut gegeben haben. Zudem lag wohl ursprünglich zwischen Gelbensande und Altheide ein wüster Ort, dessen Ruinen Baumaterial für die ersten Gebäude in Gelbensande waren.
Im Jahr 1704 wurde Gelbensande das erste Mal in der heutigen Schreibform erwähnt. Gelbensande bestand in den folgenden Jahrhunderten nur aus dem oben genannten Forsthof, der verschiedene An- und Umbauten erfuhr. Einzig eine Teerschwelerei wurde im Jahr 1750 zusätzlich errichtet. (Noch heute erinnert ein Waldweg mit Namen „Teerofenweg“ an dieses Gebäude.) Wegen seiner unbedeutenden Größe überstand der Ort den Durchzug der Truppen Napoleons fast unbeschadet, die umliegenden Bauerndörfer waren als Beutegut für die Soldaten interessanter.
Eine weitere Erwähnung fand der Ort zwischen 1765 und 1789 im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der St.-Marien-Kirche in Ribnitz-Damgarten. So wird berichtet, dass zum Wiederaufbau Holz aus der „Gelbensander Hölzung“ verwendet wurde.
Besiedlung, Erster Weltkrieg und Entwicklung bis 1939
Erst ab dem Jahr 1842 ist eine weiträumige Besiedlung des Ortes erfolgt. Diese steht im Zusammenhang mit dem Bau der Chaussee zwischen Ribnitz und Rostock, der heutigen Bundesstraße 105. In den folgenden Jahren entstanden entlang der Chaussee und an der heutigen „Eichenallee“ die ersten Büdnereien und Häuslereien. Der Dorfmittelpunkt entstand unweit der vier Linden und wird bis heute Bleiche genannt. Der Name erinnert daran, dass hier die Wäsche zum Bleichen ausgelegt wurde.
Mit der Umsetzung der Gemeindeordnung von 1869 sollte den Orten mehr Selbstverwaltung übertragen werden. Auch Gelbensande wollte das Vorhaben einer eigenen Gemeinde umsetzen, dies stieß im Innenministerium in Schwerin zunächst auf Kritik. Dennoch gelang es, am 1. Juli 1873 die Gemeinde Gelbensande zu bilden, deren erster Vorsitzender Forstmeister E. Schulz wurde. Zu dieser Zeit bestand Gelbensande aus dem Forsthof, einer Försterei, sieben Büdnereien und zwei Häuslereien. Im gleichen Zeitraum, 1872, drang bei einer schweren Sturmflut das Wasser der Ostsee über den Stromgraben bis an die Grenzen des Ortes vor. Um 1874 wurde in unmittelbarer Nähe vom „Haus zum gelben Sande“ das Gebäude der Forstinspektion, Sitz der großherzoglichen Jagdaufsicht, errichtet. Im gleichen Zuge wurde das alte „Haus zum gelben Sande“ abgerissen. Zehn Jahre später (1885) wurde mit der Errichtung des Schlosses Gelbensande als Sommerresidenz von Friedrich Franz III. begonnen. Am 1. Juni 1889 bekam Gelbensande durch die Eröffnung der Strecke der preußischen Staatseisenbahn von Stralsund nach Rostock einen Bahnanschluss. Ein Bahnhofsgebäude im preußischen Stil wurde errichtet. Zusätzlich wurde daneben ein Gebäude mit Wartesaal für den Großherzog und eine Poststation errichtet. Die beiden Bahnhofsgebäude bestehen bis heute.
Im Ersten Weltkrieg fielen acht Bewohner des Ortes.
Nachdem Großherzog Friedrich Franz IV. in Folge der Novemberrevolution auf seinen Thron verzichten und seinen Sitz in Schwerin aufgeben musste, wurde das Jagdschloss Gelbensande bis zum Jahr 1944 sein Wohnsitz.
Im Jahr 1921 wurde Gelbensande in das alphabetische Verzeichnis der Gemeinden des Amtes Rostock mit der Nummer 46 aufgenommen. Drei Jahre später, 1924, wurde die Heideortschaft „Meyers Hausstelle“ aus der Gemeinde Gelbensande herausgelöst und wieder mit der Stadt Rostock vereinigt. Nachdem die Gemeinde 1924 die Erlaubnis zum Anlegen eines Friedhofes erhalten hatte, wurde 1925 auf dem Friedhof westlich des Ortes auch eine Kirche errichtet.
Im Jahr 1938 wurde das neue Postamt fertiggestellt.
Zweiter Weltkrieg, Kriegsende und Nachkriegszeit von 1939 bis 1947
Während des Zweiten Weltkrieges wurde in Schwarzenpfost, etwa zwei Kilometer südwestlich von Gelbensande, ein Außenlager des KZ Ravensbrück unter dem Decknamen „Robert“ errichtet. Die Häftlinge mussten in einem Auslagerungsbetrieb in der Rostocker Heide für die Ernst Heinkel Flugzeugwerke arbeiten. Diese hatten ihre Produktionsstätten nach den schweren Bombenangriffen von 1942 in das Umland verlegt. Belegt ist, dass vier polnische Internierte ums Leben kamen. Ihre Gräber waren viele Jahre nicht bekannt, es gab lediglich die Vermutung, dass sie am Rande des Friedhofes bestattet wurden. 2004 konnte dies durch Suchgrabungen bestätigt werden. Seitdem erinnert eine Gedenkstätte auf dem Friedhof an die Opfer der Zwangsarbeit. Am 30. April 1945 wurde das Lager geräumt und die Häftlinge nach Warnemünde getrieben. Da Warnemünde zu diesem Zeitpunkt bereits durch die Rote Armee besetzt war, setzten sich die Wachmannschaften in Zivilkleidung ab.
Als kurz vor Kriegsende, am 1. Mai 1945, ein Zug mit Kriegsverwundeten in der Nähe von Gelbensande liegen blieb, wurde kurzerhand beschlossen, das Jagdschloss als Lazarett zu nutzen. Dieses beherbergte dann etwa 750 Personen. Das Kommando hatte Dr. Hoffmann, der mehrere Jahre ein Sanatorium in St. Petersburg geleitet hatte und daher über gute Russischkenntnisse verfügte. Er ließ so Schilder mit der in Deutsch und Russisch bgefassten Aufschrift „Seuchengefahr“ am Schloss anbringen. Dies, und wohl auch das mit Zarenwappen und Verzierungen im russischen Stil gestaltete Schloss, verhinderte Übergriffe von Soldaten der Roten Armee, die Gelbensande am 2. Mai 1945 erreichten.
1947, als die Anzahl der Infektionskrankheiten im Lazarett langsam zurück ging, wurde eine Heilstätte für TBC-Patienten im Schloss eingerichtet. Der Forsthof wurde zu dieser Zeit in ein Krankenhaus und ab 1972 in ein Pflegeheim umgewandelt.
Sehenswürdigkeiten
- Das bekannteste Gebäude ist das Jagdschloss Gelbensande, konzipiert als Sommerresidenz des mecklenburgischen Großherzogs Friedrich Franz III. und seiner Frau Anastasia Michailowna Romanowa. Als Jagdschloss diente es ab 1887. Mit dem Ende der Monarchie kam es zur Gemeinde. Nach der Wende wurde es saniert und im Jahr 2009 verkauft.
- Knapp zehn Jahre älter als das 1885 fertiggestellte Jagdschloss ist das Gebäude des heutigen Pflegeheims, welches 1874 in Auftrag gegeben wurde. Die ehemalige Forstinspektion und Sitz der großherzoglichen Jagdaufsicht war der Nachfolgebau des Forsthofes "Haus zum gelben Sande", der hier bereits seit dem 17. Jahrhundert bestanden hatte.
- Etwa einen Kilometer nördlich von Gelbensande im Wald liegt die ehemalige Försterei und Grenzhaus Meyers Hausstelle direkt an der Grenze zwischen dem Gelbensander Forst und Rostocker Gebiet. Erstmals wurde es im Jahr 1765 als Sitz von Holz- und Schlagbaumwärter Meyer erwähnt. Bis 1924 gehörte dieses Haus zur Gemeinde Gelbensande, wurde dann aber aus der Gemeinde rausgelöst.
- Westlich des Ortes, bereits im Wald, befindet sich der kleine Friedhof, der gerade einmal einen Hektar groß ist. Hier steht auch die Kirche des Ortes, die 1925 erbaut wurde.
Die Baupläne wurden vom Großherzoglichen Baumeister Warneck aus Schwerin gezeichnet. Den Bau der Kirche leitete Zimmermeister Carl Willbrand. Die Kirche ist schlicht, aus Backstein erbaut, mit einfacher Ausstattung. Ein früher vorhandener reichlich verzierter Kronleuchter befindet sich heute im Nachbarort Blankenhagen. Die Orgel ist nicht mehr funktionstüchtig. 2008 wurden Dachstuhl und Glockenturm komplett saniert. Berichten Einheimischer zufolge soll die alte Kirchenglocke, bevor sie im Zweiten Weltkrieg hätte eingeschmolzen werden sollen, einen Tag vor der Abholung von den Bürgern des Ortes versteckt worden sein. Bis heute konnte sie jedoch nicht gefunden werden. - Im Ortskern von Gelbensande steht das alte Schulgebäude. Im Jahr 1910 als Wohnhaus erbaut, wurde es ab 1925 von Lisbeth Cords und Katharina von Freier in ein Kinderheim umgewandelt. 1939 wurde das Grundstück mitsamt Gebäude von Günter Wagner, dem damaligen Inhaber der Pelikan AG erworben. Die Funktion des Kinderheimes blieb bestehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Gebäude zunächst Kommandantur, wurde aber ab 1947 wieder als Kinderheim genutzt. Später war es dann Schul- und Wohngebäude. 1983 wurde das Grundstück enteignet und dem Kreis Rostock zugeteilt. Seit 1992 hat das Amt Rostocker Heide hier seinen Amtssitz.
- Am nördlichen Ende des Ortes steht die Cordssche Villa. Dieses Gebäude wurde von der Rostocker Reederfamilie Cords in den 1930er Jahren erbaut. 1979 wurde die Villa durch einen Brand schwer beschädigt, konnte aber wieder aufgebaut werden; heute wird sie als Mehrfamilienhaus genutzt.
- Etwas östlich vom Ort, in der Nähe des Jagdschlosses, liegt ein Wallberg. Er wird dem 14. Jahrhundert zugerechnet. In dieser Zeit soll auf der Erhöhung ein Bergfried gestanden haben, der als Vorposten der Hansestadt Rostock angesehen werden kann. Es könnte sich aber auch um die Reste einer ehemaligen Turmhügelburg handeln. Belegt werden kann die frühere Funktion bisher nicht, nur eine archäologische Untersuchung könnte dies klären. Im Volksmund hat sich über die Jahre die Bezeichnung „Störtebeckerberg“ eingebürgert. Dies ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass die freie See vom Gelbensander Forst aus leicht über den Wallbach zu erreichen war